Hafez, ein Dichter, der verzaubert!
Shamseddin Mohammad, bekannt als Hafez (derjenige, der den Koran vollständig und auswendig rezitieren kann) wurde um 1325 als dritter Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns in Shiraz geboren. Der Vater verstarb als er noch ein Kind war und damit verschwand auch der Wohlstand der Familie. So wuchs Shamsedin danach in armen Verhältnissen auf und musste als Junge buchstäblich das Brot für die Familie verdienen. Er tat es bei einem Teigmacher. Der Legende nach soll er von einem Tuchhädler zum Dichten angeregt worden sein. Viel mehr ist aus dieser Periode seines Lebens nicht bekannt. Später heiratete er und aus der Ehe gingen Kinder hervor.
Shamseddin liebte seine Geburtsstadt sehr und mochte es nicht zu reisen. Eine einzige Reise lediglich nach Yazd ist bekannt. Seine letzten Jahre waren geprägt vom Einfall der Mongolen unter Tamerlan, der ihn persönlich aufsuchte, um ihm seine Ehrerbietung zu erweisen. Er starb um 1390 in Shiraz.
Die Faszination seiner Gedichte geht nicht nur von den ausgesuchten Themen aus, sondern auch von der Erlesenheit seiner Gedanken und sprachlichen Ästhetik und zeigt seine Überlegenheit gegenüber anderen Dichtern. Er soll seine Gedichte in einer Art Trance-Zustand geschrieben haben, die er mit dem mythischen Gedankengut und sufischen Ritualen erreicht haben soll. Er befasste sich schon in jungen Jahren intensiv mit islamischer Theologie und der Exegese des Heiligen Buches Koran und entwickelte sich zu einem Kenner und einer Autorität in theologischen Fragen.
Genau so wie der Islam die vorangegangenen Religionen in unverfälschter schriftlicher Form ergänzt, ergänzt auch der Sufismus, der seinen Ursprung in den Versen Korans findet und den Hafez vertritt, ein monotheistisches Denksystem, das nicht isoliert werden kann. Man versteht darunter eine islamische Gnostik, die Religionen wie den Zarathustrismus, Judentum, Christentum usw. in sich trägt und von griechischem Rationalismus, in Verbindung mit pythagoreischen und stoischen Einflüssen und der Kausalitätstheorie, der aristotelischen Teleologie und den neuplatonischen Pantheismus geprägt ist. Mit dem Ziel zur absoluten Wahrheit zu gelangen, tendiert diese Philosophie zur absoluten Einheit Gottes (Toheede motlagh), der Einheit des Seins (Wahdate Vojood), Entwerdung des Selbst in Gott (fana fi Allah) und Fortbestehen in Gott- durch Übergehen des eigenen Selbst in die göttliche Essenz( Bagha bi Allah). Die Methoden findet man in peripatetischer Philosophie(auf Vernunft und Beweis basierend), Illuminationsphilosophie(mystische Enthüllung, mystische Schau, Sehnsucht, Erleuchtung, Liebe, spirituelle Selbsdivisziplin), Scholastischer Philosophie(Verstand und Argumentation zum Beweis der Validität göttlicher Vorschriften) und Irfan (basiert auf Erleuchtung, Erfahrung, Erscheinung und Aufgehen in Gott)!
Hafez wird von einigen deutschen Kennern unter Gotik eingestuft, von anderen doch unter Klassik, von weiteren wiederum ganz anders eingeordnet. Diese Unterschiede kommen daher, weil er in seinen Gedichten nicht einem bestimmten Zeitgeist gebunden ist und es auf eine unvergleichbare Art und Weise schafft, die verschiedenen Ausrichtungen mit unnachahmlicher Feinsinnigkeit auf einander abzustimmen. Diese Konfliktlösung wird an Hand der Bilder von Gedankenrichtungen wie z.B. die der Atomisten, die er mit seiner eigenen Farbe bemalt und in der Streitfrage zwischen Materialisten und Idealisten eindeutig Stellung bezieht. Wenn man bedenkt, dass der Mensch genau so aus Atomen besteht, wie die Wiese und der Berg, dann ist es nur folgerichtig, dass eine Verbindung auch ins Bewusstsein hervorgerufen werden kann. Und genau diese Verbindung ist es, die dem Dichter die Macht des einmaligen Perspektivenwechsels verleiht. Dabei erreicht ein Hafez eine so gewaltige Bewusstseinebene, die sein Wesen in die Natur seiner Seele auflösen lässt und vom Band der Zeit und des Raumes loslöst. Dieses erreicht er mit Liebe, Spiritualität und islamischer Mystik, die er in seinen Gedichten oft mit Wein beschreibt und sich dabei auf einen Koranisch - paradiesischen Wein bezieht, der die Sinne betäubt und das seelische Bewusstsein bereinigt um subjektive Wahrnehmung mit der objektiven Wahrheit zu vereinen. Die dem gemäße Loslösung von der Materie ruft bei einigen westlichen Philosophen Unverständnis auf. So leistet Nietzsche zwar einen verbalen Kniefall vor Hafez, jedoch lässt er es sich nicht nehmen ihm die Frage zu stellen:
Wozu, wozu Dir Wein?
Die Antwort ist Jahrhunderte vor ihm schon formuliert: Durch diesen spirituellen Wein wird erst die Verbindung vervollständigt und zwar mit der gesamten Existenz! Die Loslösung von Antagonismen und die Aufhebung wesentlicher Dualismen, die an Hand der Heiligkeit Gottes und des gefallenen Teufels anschaulich wird:
Fash meegooyamo az gofteye khod delshadam
Bandeye Eshghamo az har do jahan azadam
Tayere golshane Ghodsam che daham sharhe faragh
Ke dar in damgahe hadese choon oftadam
Man malek boodamo ferdose bareen jayam bood
Adam avord dar in deyre kharab abadam
(ungefähre Übersetzung)
Ich sage es ungeniert und freue mich über die Verkündung:
Ich bin der Diener der "Liebe" und von beiden Welten erlöst
Ich bin der sagenhafte Vogel des paradieses, wie soll ich diese Trennung darstellen?
Auf welche tragische Art und Weise bin ich denn in die Falle dieser Katastrophe getappt?
Einst war ich ein Engel und im Paradies beheimatet
"Der Mensch" war es, der mich in dieser Ruine(Erde) zu Funktion machte
Da der Teufel auch eine Schöpfung Gottes und somit ein Kind der Liebe ist, ist es nur folgerichtig, dass er aus falscher Liebe fehlgeleitet wurde. Diese Sätze wurden aus der Sicht des Teufels geschrieben und doch ist sein Perspektivenwechsel nicht immer so offensichtlich (Ich übersetze seine Dichtungen ungern, da dieser Arbeit in einer fremden Sprache gerecht zu werden sehr schwierig ist und man fast jedes Wort auseinander nehmen müsste. Um diese Schwierigkeit sichtbar zu machen, zeige ich sie an Hand des folgenden Übersetzungsversuches):
Nafase bade saba moshk feshan khahad shod
Alame peer degrbareh javan khahad shod
Arghavan jame agheeghi be saman khahad dad
Chashme narges be shaghayegh negaran khahad shod
In tatavol ke kesheed az ghame hejran bolbol
Ta sarapardeye gol narezanan khahad shod
(ungefähre Übersetzung)
Aus dem zarten Atem der Brise wird einst Moschus ausströmen
Die alte Welt wird sich wieder verjüngen
Der blühende Baum wird dem Jasmin einen edlen Blumenkelch schenken
Die Augen der Narzisse werden sorgend Ausschau nach dem Klatschmohn halten
Das Dilemma, das aus dem Herzensleid des (zur Trennung) aufbrechenden Nachtigall (leise) ertönt,
wird auf die (geliebte) Blume wie eine donnernde Wehklage auftreffen.
(Bei den Erklärungen kann man nebenbei gut erkennen, wie viele persische Wörter internationalisiert wurden und vor allem im deutschen (entweder ganz oder symbolisch) verankert sind:
moshk wörtlich: Moschus-> ein Duftstoff, der in einer Art kleine Tasche unter dem Bauch einer bestimmten Reh-Sorte existiert. Immer wenn die Tasche gefüllt wird, ist es für das Tier unangenehm. Er reibt sich so lange an Steinen, bis sich die Tasche öffnet
Narges= Narzisse, narzisstisch wird davon abgeleitet -> egoistisch. Ihre Blütenform erinnern an blinde oder von Schlaflosigkeit gekennzeichende Augen
Shaghayegh = Klatschmohn, in persischer Kultur Symbol der ewig Verliebten -> selbstlos
Bolbol = Nachtigall ist das Symbol für Freude, Gesundheit, Glück und Trost im Leiden)
Hier wird das Jüngste Gericht verbildlicht. Ein Phönix, der aus der Asche wieder aufersteht und im Verbrennen neue Stärke und neues Leben schöpft. Er schenkt uns eine Momentaufnahme der gewaltigsten Versöhnungserfahrungen zwischen den Gegensätze der Existenz, deren Vorboten wir stets durch alle Zeiten wahrzunehmen hatten, jedoch nicht wahrgenommen haben und dessen Zeuge die apokalyptische Notwendigkeit zur vollkommenen Einheit des Seins darstellen wird. Jedoch ist der Geist eines Hafez, der sich so von der Subjektivität befreien kann und die Einheit Gottes spürt nicht nur perspektivenfrei, sondern auch zeitlos: Die ersten Bilder sind Voraussagen des liebenden Nachtigall. Das letzte hier aufzeigte Bild zeigt eine durch diese Ereignisse belehrte geliebte Blume. Ereignisse, die in der Zukunft statt finden sollen und nicht in der Schnelle der irdischen Schallgeschwindigkeit sich ereignen können. Hier wechselt der Dichter also unauffällig von der subjektiven zur objektiven Zeit und zur Göttlichen Perspektive. Deutlicher wird seine Zeitlosigkeit und seine spirituelle Zeitreise:
man az an hosne roozafzoon ke jooseph dasht danestam -
ke Eshgh az pardeye esmat beroon arad zoleykha ra
(Ungefähre Übersetzung)
Aufgrund der Schönheit des Josefs kam mir die Vorahnung, dass Liebe die Zoleykha (die Frau des Pharao) von den Vorhängen der Unschuld hinaustreten lassen wird.
Ein weiterer wichtiger Punkt, mit man Hafez einschätzen kann, ist aus der Perspektive der Affektenlehre. Die Affektenlehre (Affekt= Stimmung, Leidenschaft) ist seit der Antike ein Versuch die Beziehung des Menschen zu seiner Umwelt in Einbeziehung und Einbetracht von Verstand und Gefühl unter die Lupe zu nehmen. War diese Lehre in der Antike ein Teil der Ethik mit Berührungspunkten an der Psychologie des Menschen, so wurde sie in der Neuzeit immer mehr im Rahmen der mechanisch-materialistischen Psychologie auf die Vorgänge bzw. Funktionen des Körpers selbst reduziert und eingeschrängt oder wie bei "Wundt" wurde diese Grenzproblematik ausschliesslich aus psychologischer Sicht behandelt.
In der hellenistisch- römischen Philosophie wird die Notwendigkeit des affektlosen Verhaltens zur Erreichung der absoluten Glückseligkeit vorausgesetzt und die menschliche Zielsetzung bei der Apathie und Ataraxie angebracht. In der Neuzeit argumentieren Philosophen wie Spinoza ganz im Geiste der Mechanik: 3 menschliche Grundaffekte, die aus dem Selbsterhaltungstrieb resultieren, müssen durch das richtige Denken geregelt werden: Begierde, Lust, Schmerz! Doch genau an dieser Stelle ist ein Hacken: Das „individuell“ richtige Denken!
Unseren Gedankengängen gehen Wahrnehmungen und Erkenntnisprozesse voran. Diese sind Prozesse, die die „objektive Realität“ im menschlichen Bewusstsein widerspiegeln. Das Erkennen bedeutet laut „Schlick“ dass unserer Wahrnehmung Zeichen zugeordnet und diese geordnet werden. Doch stelle ich die Frage ob diese „Ordnung“ bei jedem Menschen den gleichen Bedingungen unterliegen? Ich gehe gar einen Schritt weiter: Unterliegen alle den überhaupt gleichen Mechanismen? Bevor ich also Schritt für Schritt weiter gehe um die Spitze des Berges „Das richtige Denken“ des Individuums zu erreichen, gehe ich eine Stufe runter und frage ob es an und für sich vor dem Beginn eines Erkenntnisprozesses schon Unterschiede ja sogar Widersprüche gibt! Denn wenn der Widerspruch schon beim Antrieb gegeben wäre, wird die Souveränität des menschlichen Denkens in Frage gestellt und das richtige individuelle Denken ad absurdum geführt. Ich frage konkreter: Gibt es so etwas wie einen mystischen Erkenntnistrieb? Wenn ja, dann müsste es Grenzfälle geben, die aus den Rahmen der gesellschaftlichen Triebkraft als „ausschliessliche Praxis“ fallen. Gehen wir doch auch mal ganz mechanisch an die Sache heran:
Es gibt Menschen, die wir als Begabte bezeichnen. Die Ausprägungen sind unterschiedlich. Z.B. können einige besonders gut mit Zahlen umgehen. Bis hier ist die Welt noch in Ordnung, denn mit ein bisschen Tauglichkeit kann der talentierte Mensch seine Fähigkeiten z.B. durch Übungen ausbauen. Erstaunlich wird’s aber dann, wenn es Menschen gibt, die Phänomene in ihrer Wahrnehmung in sich tragen, die der Gesellschaft und ihren historischen, sozialen, psychischen usw… Erkenntnisvorgängen nicht nur fremd, sondern auch unerklärlich sind. Ein kurzes Beispiel dafür sah ich am Karfreitag während der Werbepause zu Jesus- Doku bei Pro7 :o) „Das Superhirn“ konnte Zahlen fühlen! Eine angeborene Fähigkeit, die definitiv aus jeglichen praktisch- gesellschaftlichen Triebkräften fällt. Genau so machen andere mit Hilfe von Zahlen Zukunftsvorhersagen und Nummeristiker glauben sogar an die positive wie negative Wirkung durch Zahlen! Genauso gibt es solche Grenzbereiche auch bei anderen Phänomenen: Menschen z:B., die Farben fühlen können usw… Ich halte also fest: Die Bedingung für die gerecht verteilte Möglichkeit für „das richtige Denken“ zwecks Reglung der Grundaffekte sind für die Allgemeinheit nicht gegeben. Zumindest nicht aus der mechanischen Sicht! Hier versteckt sich aber noch etwas anderes, was später bei Hafez wieder aufkommt: Die Menschen, die Zahlen Buchstaben und sonstige rationale Elemente fühlen können, gehen in der Regel auch „instinktiv“ erfolgreicher mit denen um!
Soll jetzt unsere Schlussfolgerung daraus sein, dass die rationale Basis der mechanisch-materialistisch allumfassende Weltanschauung hier endet? Einer der Öffnungsversuche der verschlossenen Tür ist der Cartesianismus. Dieser gewinnt zwar den „Glauben“ an den Verstand und die Vernunft aus der mathematischen Weltansicht: „Es gibt nur eine lebendige Kraft in den Dingen, das ist die Liebe, das Mitgefühl und die Harmonie. Vortrefflich eignen sich die sinnlichen Dinge zur Erkenntnis der Übersinnlichen: Die Luft kennzeichnet den Geist, die dauernde Bewegung das Leben, Das Licht die Erkenntnis, die Wärme die Liebe, die sichtbare Tätigkeit die Schöpfung.“ Und doch scheitert dieser Weg vom Verstand zum Herzen zu gelangen um dann die mathematische Gleichung für eine „Einheit des Seins“ aufzustellen, denn die Gleichung hat in der Vorstufe zur Erkenntnisgewinnung weiterhin eine vom Individuum abhängige Variable, während eine Konstante zur unabdingbare Notwendigkeit des allgemeinen Gerechtigkeitsprinzips benötigt wird. Die Cartesianische ungerechte Verteilung zur harmonischen Wechselwirkung mag in einer naturphilosophischen Stimmung kurzzeitig aufgehen, zieht man jedoch ein wichtiges vergessenes Parameter, nämlich die Zeit aus der Perspektive der Anfänglichkeit und Endlichkeit hinzu, ist auch die Cartesianische Harmonie überwunden. Es ist meiner bescheidenen Meinung nach ein zwar nett gemeinter aber misslungener Spagat zwischen Fortschritt und Dogmatismus. Auch der Okkasionalismus (Geulincx) vermag diese verschlossene Tür nicht öffnen. Der Versuch den Dualismus in der Form aufzuhalten, dass nicht das Materielle, sondern G_tt setze das Denken in Bewegung, wobei die materielle Bewegung lediglich der Anlass, nicht die Ursache sei. Die Verkettung und Aufrechterhaltungsversuche gehen noch weiter wie z.B. bei Leibniz. Doch wie schon erwähnt scheitern sie meiner Meinung nach alle, da die Wurzel schief eingepflanzt ist.
Dies ist die Stunde unserer Philosophen und allen voran eines Hafez! Hafez geht den umgekehrten Weg und erreicht den Verstand und die Vernunft durch das Herz. Einfacher gesagt: Nicht jeder hat den Verstand um seine Eigenschaften zu kontrollieren. Jeder einzelne Mensch in der Geschichte und bis zum letzten Tag hat aber die Möglichkeit sein Herz zu öffnen oder zu verschliessen um damit durch den Verstand die Kontrolle über die (Grund-) Affekte zu erhalten. Der vermisste Festwert wird hier offenbart und in die Gleichung eingesetzt. Eine allumfassende Wechselstube, an dem jeder Einzelne gleichermaßen anzapfen kann. Die Plattform dieser Wechselstube heißt die Liebe und alle anderen Gefühle (auch diese, die wir als negativ empfinden) sind ihre Abkömmlinge. Und tatsächlich gibt es mittlerweile Mediziner, die jedes erdenkliche Gefühl mit der Dosierungsmenge und Ausstoßzeiten des Körpers erklären können: Angst, Sicherheitsbedürfnis, Rachgefühl, Fröhlichkeit, Traurigkeit, Zufriedenheitsgefühl aber auch unsere Triebe, Sinne, Instinkte usw… Sie können mit den Hormonenwerten eines Menschen nicht nur sein Äußeres und sein Inneres wie die Psyche und den Charakter beschreiben, sondern auch die Reaktionen und
alltägliche Entscheidungsgrundlagen erklären! Sie sind, wenn man so will, die modernen Hafezanhänger!
Doch Hafez ist wie man schon vermuten konnte bei weitem mehr: Wenn wir diese große Wechselstube als die Schnittstelle für alles Existierende annehmen, dann trägt ein Hafez den ausgebrochenen gemeinsamen Geist in sich und fasst mit ihr seine eigene Seele an. Er löst sich von seinem „Ich“ wandert zwischen den Zeiten, Menschen, Natur und spricht in Ich-Form wenn er von seinen Erlebnissen berichtet. Er ist genau so ein Joseph wie ein Jakob, der Wind, die pflanzen usw. Nur sich selbst ist er fremd. Denn am Ende seiner Gedichte richtet er immer ein Satz an „Hafez“ entweder in „Du“- oder in „Er“- Form! Während ein Nietzsche im Grabe immer noch sein schadhaftes, krankes und pervers perfektes „Ich“ sucht, findet ein Hafez sein „Ich“ durch das „Du“. „Findet“ ist vielleicht das falsche Wort: Er tastet sein wahres „Ich“ an. Das ist der wahrhaftige Individualismus! Was ist individualistischer, als sein wahres „Ich“ zu kennen? Man muss nicht unbedingt wie Nietzsche im Irrenhaus landen, als Drogensüchtiger sonst wo oder als körperliche und geistige (Hobby-) Prostituierte zu enden, um Individualist zu sein. Solange die Menschheit noch Denker wie Hafez hat, die ihrer Philosophie mit der Schönheit ihrer Poesie den nötigen Glanz verleihen, haben wir immer noch einen Grund um zuversichtlich sein, dass auch ein Funke dessen vielleicht doch noch auf uns übergeht.